Wie die Maschinen entstehen, die Medikamente erzeugen

Gespräch mit Alfred Marchler
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Mit Corona rückte die Entwicklung und Produktion von Impfstoffen in den Mittelpunkt des Interesses. Das steirische Unternehmen ZETA errichtet für die Pharmaindustrie weltweit maßgeschneiderte Produktionsanlagen für Arzneimittel und ist ein Beispiel dafür, wie man durch schnelles und flexibles Agieren höchsten Qualitätsansprüchen auch in größten Dimensionen gerecht wird.

Dipl.-Ing. Marchler: Die Entwicklung neuer Medikamente oder aktuell von Impfstoffen ist ein Prozess über viele Jahre. Man muss wissen, dass nach der Entwicklung von 5000 Medikamenten tatsächlich nur eines davon realisiert wird. Wenn eine Entwicklung erfolgversprechend erscheint, werden wir mit der Konzeption, Entwicklung und Realisierung von Produktionsanlagen beauftragt, lange bevor dieses Medikament tatsächlich zugelassen wird. Erfolgt die Zulassung, kann also vom ersten Tag in großen Stückzahlen produziert werden. Pharmazeutische Anlagen sind aufgrund dieses Ablaufs immer mit einem Investitionsrisiko behaftet. Ohne Zulassung war nicht nur der Aufwand der Medikamentenentwicklung, sondern auch die Realisierung der Produktionsanlage vergebens.

Mit Corona rückten die Entwicklung, Zulassung und Produktion von Impfstoffen in den Mittelpunkt. Können Sie uns Ihre Erfahrungen mit diesen Prozessen schildern?

Dipl.-Ing. Marchler: Die Entwicklung neuer Medikamente beginnt im Labor. Im zweiten Schritt entsteht eine kleine Produktionsanlage, damit das Medikament in kleiner Stückzahl für die Testphase zur Verfügung steht. Erst im dritten Schritt entsteht die Großanlage, die den Bedarf nach der Zulassung abdeckt. Jede dieser Anlagen entsteht als Einzelstück, es gibt keine Serienfertigung. Jede Anlage braucht also viel Flexibilität in der Planung und Umsetzung. Gleichzeitig braucht es finanzielle Stabilität und langfristiges Denken, um Großanlagen realisieren zu können und den extremen Qualitätskriterien der Branche gerecht zu werden. Die Flexibilität, die wegen Corona sehr vielen Unternehmen abverlangt wird, ist bei uns immer schon die Grundlage unseres unternehmerischen Erfolgs. Sie ist besonders in der Herstellung der Anlagen wichtig, da diese maßgeschneidert nach den Vorgaben angefertigt werden.

Wie gelingt es, beiden Aspekten – Flexibilität und Stabilität – gleichzeitig zu entsprechen?

Dipl.-Ing. Marchler: Die Flexibilität muss zuerst im Kopf stattfinden. Wir müssen von Beginn an genau zuhören und verstehen, was ein Kunde braucht, wie der Prozess für ein Medikament zuerst im Labor abläuft, und wie man ihn letztendlich in einer großen Produktionsanlage abbilden kann. Das geht nicht mit starren Prozessen, sondern nur mit Flexibilität im Denken ebenso wie in den technischen Lösungen. Gleichzeitig braucht es äußerst stabile Qualitätsstandards. Bei unseren Anlagen gilt ähnliches wie im Flugzeugbau: In Bezug auf Fehler gilt ein Null-Toleranz-Prinzip. Sichergestellt wird dies in erster Linie durch klare Prozesse in der Organisation und Prozessabwicklung, um in den Faktoren Qualität, Zeit und Kosten effizient zu sein.

Was sind die Grundlagen der firmeninternen Kommunikations- und Entscheidungsstruktur, um dieses Maß an Flexibilität und Stabilität tatsächlich realisieren zu können?

Dipl.-Ing. Marchler: In unserem Unternehmen ist diese Grundlage die Matrix-Organisation. In dieser Matrix, die in der Zentrale ebenso wie in allen Tochterunternehmen besteht, werden für jedes einzelne Projekt Teams aus allen beteiligten Abteilungen zusammengestellt, die zehn bis hundert Personen umfassen können. Verantwortlich sind damit nie anonyme Abteilungen, sondern konkrete Personen, die auf Basis klarer Leitlinien und entsprechend ihrer Qualifikationen Entscheidungen treffen und persönliche Verantwortung tragen.

Was raten Sie jungen Mädchen und Burschen auf Basis ihrer persönlichen Erfahrungen für die Zukunft?

Dipl.-Ing. Marchler: Was ich jedem raten würde, ist eine gute Basisausbildung, gefolgt von einer Ausbildung, die wirklich interessiert. Wenn Interesse an Technik besteht, ist das natürlich großartig. Um beruflich erfolgreich zu sein, braucht man für den Erfolg nur noch offen durchs Leben zu gehen. Engagement und Einsatz helfen dem Erfolg natürlich nach.


DI Alfred Marchler

ist Geschäftsführer und Miteigentümer der ZETA Holding GmbH.


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Profil DI Alfred Marchler
stammt aus einer landwirtschaftlichen Familie und studierte Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Wien mit Spezialisierung auf Agrarökonomie.Seine berufliche Karriere startete Dipl.-Ing. Marchler als Produktionsleiter eines Tochterunternehmens der Agrana Fruit in der Ukraine. Er war in den Jahren 2004 bis 2011 als Director General der Agrana Fruit Moscow Region und ab 2007 zusätzlich als Direktor der Agrana Fruit Region Osteuropa tätig, ehe er zur ZETA Holding GmbH wechselte.

ZETA GmbH
ZETA GmbH ist ein familiengeführtes, vor mehr als 30 Jahren gegründetes Unternehmen mitrund 800 MitarbeiterInnen und Sitz in Lieboch. Weltweit tätig, werden Produktionssysteme für flüssige Prozesse in der Biotech-, Pharma- und Lebensmittelindustrie geplant und realisiert. ZETA folgt dem Grundsatz, „Den Prozess der Markteinführung von Medikamenten zu beschleunigen. Denn das Ziel ist es, Leben zu retten.“

Firmensitz: Lieboch bei Graz
Tochtergesellschaften: Deutschland, Tschechien, Schweiz, USA, Russland, Ukraine, Singapur
www.zeta.com
DI Alfred Marchler ist Geschäftsführer und Miteigentümer der ZETA Holding GmbH.

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