Was ist Innovation? einfaches Schlagwort – schwieriger Prozess

Gespräch mit Christian Ramsauer
Ideation und Concept
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Univ.-Prof. Dipl. Ing. Dr. techn. Christian Ramsauer leitet das Institut für Innovation und Industrie Management an der TU Graz und gibt Einblicke über das Wesen von Innovationen, was sie auslöst und behindert und wie man innovative Prozesse in Unternehmen fördern kann.

Wie lässt sich der Begriff “Innovation” definieren und was ist eigentlich der Unterschied zu Erfindungen?

Der Nationalökonom Joseph Schumpeter bietet folgende Defini­tion an: „Innovation is the process of finding economic applications for inventions.“ Einfach übersetzt: Erfinder:innen schaffen etwas Neues, das nicht unbedingt erfolgreich sein muss. Innovator:innen hingegen ergänzen die Erfindung um den ökono­mischen Erfolg. Er schafft also einen Wert und nicht nur eine Idee.

Die Steiermark gilt als besonders innovatives Land …

In Österreich gibt es herausragende Innovationsräume, den Ballungsraum Graz und den Raum Wels-Linz-Steyr in Oberösterreich. Wirklich Weltklasse sind wir in der Steiermark z.B. in der Elektronik, genauer bei NFC. NFC steht für „Near Field Communi­cation“, also die Datenübertragung über kurze Strecken. AMS, Infineon und NXP sind hier zu nennen. 90% aller Mobiltelefone weltweit haben einen Chip aus der Steier­mark. Ein weiteres Beispiel ist Magna Steyr, weltweit führend als Automobilzulieferer.

Innovativ zu sein, kann man das auch lernen?

Künstler:innen sind die kreativsten Men­schen auf Basis eines Talents. Aber ja, Kreativität kann man auch lernen, und zwar mit Hilfe von Kreativitätstechniken, mit denen man systematisch zu Ideen kommt. Das funktioniert am besten in der Gruppe. Das bekannteste Beispiel ist die Technik des Brainstormings. Wichtig ist dabei, dass man wirklich jede Idee zulässt und nichts als Blödsinn abtut, weil auch der seltsam­ste Einfall zu etwas wirklich Spannendem weitergeführt werden kann. Brainstormings funktionieren umso besser, wenn die Gruppe bunt gemischt ist und verschiedene Disziplinen vertreten sind. Dann entstehen Ideen „out of the box“.

Wie wird aus einer kreativen Idee eine erfolgreiche Innovation?

Dafür müssen drei Faktoren zusammen­treffen: Erstens brauchen gute Ideen Promotoren:innen/Mentoren:innen, um in einem Unternehmen durch Hierarchien etc. durchzukommen. Man muss also jemanden finden, der an die Idee glaubt und in einem Unternehmen eine Position innehat, um die nötigen Entscheidungen voranzutreiben. Zweitens muss das Umfeld passen: Da sind Krisen sehr gut, denn wenn das Bestehende nicht mehr funktioniert, werden Innova­tionen leichter zugelassen. Ein Unterneh­men, das ein erfolgreiches Produkt hat, geht nicht leichtfertig das Risiko ein, etwas Neues auszuprobieren und entsprechende Mittel zu investieren. Drittens braucht es nicht nur die Idee und das Geld für die marktreife Umsetzung, sondern auch das Gespür zu wissen, ob für eine Idee der Markt da ist. Innovationen sind immer ein Risiko, das jemand eingehen muss. Manche Ideen kommen auch einfach zum falschen Zeitpunkt: Das Tablet war zu Beginn ein Flop, zehn Jahre später präsentierte Steve Jobs das iPad und es wurde ein Renner.

In manchen Branchen ist das besonders schwierig einzuschätzen: Im Automobilbau braucht es von der Idee bis zur Serienreife vier Jahre. Wer kann schon wissen, ob eine Idee in vier Jahren bei den Kunden:innen auch ankommt?

Welchen Beitrag leistet die TU Graz, um Innovationen in der Steiermark voranzutreiben?

Die TU betreibt zum einen Grundlagenfor­schung. Das heißt, sie entwickelt Technologien auf höchstem Level von denen man noch nicht weiß, ob sie jemals einsetzbar sein werden. Diese Entwicklungen stehen dann zur Verfügung. Es gibt aber auch den anderen Weg: Der Markt oder ein Unterneh­men fordert etwas, das dann entwickelt wird. Es gibt beispielsweise auch eine Lehrveranstaltung wo steirische Unterneh­men in Studierendengruppen an der TU investieren. Diese Gruppen verfügen dann über ein Budget von rund 25.000,– Euro. Das vorrangige Interesse dieser Unterneh­men ist es zu sehen, welche Ideen junge Menschen entwickeln. An unserem Institut haben wir ein eigenes „Rapid Prototyp­ing Labor“ – das Schumpeter Labor für Innovation – eingerichtet. Es handelt sich dabei um einen „Makerspace“, in dem den Studenten:innen Arbeitsplätze und technisches Equipment zur Verfügung stehen. Dazu gehört übrigens auch ein Tischtennistisch, denn kreatives Denken braucht auch Pausen und Orte der Kommunikation. So findet man viel leichter den Weg aus einer Sackgasse oder entdeckt eine Tür, die man beinahe übersehen hätte.

Was raten Sie jungen Menschen auf Basis ihrer persönlichen Erfahrungen für die Zukunft?

Lassen Sie sich nicht durch Moden, sondern durch Leidenschaften leiten. Dann wird man Erfolg haben. Bei der Berufswahl sollte man sich nie fürs Geld entscheiden, sondern dafür, was für den übernächsten Schritt hilfreicher sein wird. Das Geld kommt dann von alleine.


Prof. Dr. Christian Ramsauer

1968 in Österreich geboren, absolvierte an der TU Graz das Diplomstudium Wirtschaftsingenieurwesen-Maschinenbau. Nach dem Doktorat wechselte er an die Fakultät der Harvard Business School nach Boston/USA. Es folg­ten 12 Jahre Industrietätigkeit als Managementberater bei McKinsey & Company, als geschäftsführender Ge­sellschafter einer Maschinenbaufirma in Salzburg und als Geschäftsführer einer Privat Equity Firma in München. Seit 2011 ist Christian Ramsauer Uni­versitätsprofessor und Vorstand des Instituts für Innovation und Industrie Management der TU Graz und beklei­det mehrere Aufsichtsratsfunktionen in der österreichischen Industrie.


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Vom Wesen der Innovation

Steirischer Erinder:innengeist

Erfindergeist – Expertengespräch mit Helmut O. List

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