Vom Wesen der Innovation
#2023 – Innovationen erwachsen aus der Verbindung von Erfinder:innengeist und einem Gespür dafür, was der Markt verlangt. Sie erfreuen uns mit neuen, oft einfacheren Produkten und wecken unsere Kauflust. Sie verdrängen aber auch immer Bestehendes. Denn wenn das Neue besser ist, muss das Alte weichen – und mit ihm oft ganze Unternehmen.
Große Veränderungen mit disruptiven Innovationen
Der englische Begriff „disruptive” bedeutet so viel wie „störend”. Disruptive Innovationen sind solche, die ausgehend von kleinen Nischen bahnbrechend werden und nachhaltige Veränderungen nach sich ziehen. Beispiele: Smartphones statt Handys mit Tasten, Digitalkameras statt der klassischen Fotografie, Flatscreens statt Röhrenmonitore und Fernseher. Die CD verdrängte weitgehend die Schallplatte und wird nun selbst durch Streaming-Plattformen ersetzt, ebenso wie die DVD, die die Videokassetten ablöste. Erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraftanlagen ersetzen zumindest teilweise traditionelle Stromerzeuger. All diese Veränderungen bringen wirtschaftlichen Erfolg für jene, die hinter den disruptiven Innovationen stehen – aber auch größte Schwierigkeiten bis hin zum Ende von Unternehmen, deren Produkte ersetzt werden.
Schritt für Schritt – inkrementelle Innovationen
Lateinisch „incrementum” bedeutet „Wachstum”, „Zunahme”. Inkrementelle Innovationen sind solche, die in kleinen Schritten passieren. Sie stehen also für die ständige Verbesserung bestehender Produkte, die von Unternehmen mit klaren Abläufen und sehr gezielt entwickelt werden. Inkrementelle Innovationen sind beispielsweise die laufende Erweiterung der Speicherkapazitäten von Smartphones, die Verbesserung von Akkus oder zum Beispiel auch der sinkende Treibstoffverbrauch bei Fahrzeugen.
Push & Pull: Was Innovationen auslöst
Pull-Innovationen gehen vom Markt bzw. von einem konkreten Kundenwunsch aus. Dabei lässt sich der Begriff „Kundenwunsch” weit fassen: Mit zunehmender Verkehrsdichte wünschen sich Kund:innen Autos, die sicherer sind und Assistenzsysteme bieten. Um das umsetzen zu können, wünschen sich Autohersteller von ihren Zulieferern entsprechende Entwicklungen. Auch wenn der Staat als Gesetzgeber neue Umweltstandards definiert, ist das ein „Wunsch”, den Unternehmen etwa bei Abgasanlagen erfüllen.
Push-Innovationen gehen hingegen den umgekehrten Weg: Für neu entwickelte Technologien werden passende Anwendungsmöglichkeiten gesucht und umgesetzt.
Innovationsbereiche
Üblicherweise denken wir bei Innovationen an neue Produkte. Neben diesen Produktinnovationen gibt es aber auch Innovationen in den Bereichen:
- Service (Einführung von Garantien)
- Geschäftsmodelle (Franchise)
- Verfahren und Technologien (Fließband)
- Organisationen (Aktiengesellschaften)
- Soziales (Arbeitslosenversicherung)
- Umwelt (Recycling)
Das Risiko hinter der Innovation
Im Regelfall braucht es eine Million Euro, um bei einer Produktinnovation einen Prototypen zu entwickeln und dann noch ein Vielfaches für die Marktreife. Es braucht also bestimmte Rahmenbedingungen, um diese Investition zu tätigen bzw. das entsprechende Risiko einzugehen.
Start-Ups: Start-Ups sind Unternehmen, bei denen der Glaube an eine Idee im Vordergrund steht und die sozusagen als Leuchttürme in der Innovationsszene zu finden sind. Finanziert wird die Umsetzung vom Prototypen bis zur Marktreife meist durch Investoren, die ihr Risiko streuen, indem sie in mehrere Start-Ups parallel investieren.
Wettbewerb: In Branchen wie der IT oder der Fahrzeugtechnik ist der globale Wettbewerbsdruck so hoch, dass es laufend neue, meist inkrementelle Innovationen braucht, um am Weltmarkt bestehen zu können.
Gesellschaftlicher Druck: Vor allem im Umweltbereich verlangt die Gesellschaft nach Innovationen – etwa um den Ausstoß von Schadstoffen oder klimawirksamem CO2 zu minimieren oder Alternativen zu Kunststoffverpackungen zu finden.
Krisen: Wenn Krisen bestehende Geschäftsmodelle in Frage stellen, lösen sie Veränderungen und Innovationen aus. So sorgt Corona für einen Boom bei Homeoffice-Anwendungen. Die stärkere Nachfrage löst Wettbewerb unter den Anbieter:innen aus. Es wird aber auch indirekte Folgen geben: Videokonferenzen haben sich als effiziente Kommunikationsform und hinsichtlich der Ersparnis von Flugbuchungen und Hotelübernachtungen als so kostensenkend erwiesen, dass sie auch nach Corona deutlich häufiger zum Einsatz gelangen werden als vorher. Damit werden Fluglinien und Businesshotels innovative Lösungen finden müssen, die ihr altes Geschäftsmodell ersetzen.
Innovation & Social Skills
Innovationsprozesse beruhen auf Kreativität, Teamarbeit, Kommunikation und Informationsaustausch. Damit sind Social Skills gefragt, die man im besten Fall schon im Verlauf der Schulzeit trainiert. Diese sogenannten „Soft Skills” haben im Organisationsgefüge von Unternehmen und unternehmerischen Hierarchien enorme Bedeutung. Erst wenn die Idee dem Vorgesetzten erfolgreich und überzeugend präsentiert wird, werden sich auch Möglichkeiten der Umsetzung ergeben.
Corona hat Homeoffice in den Betrieben ebenso wie in den Schulen etabliert. Die positiven Erfahrungen werden vermutlich dazu führen, dass das Abarbeiten individueller Aufgaben verstärkt ins Homeoffice verlagert wird. Die Präsenzzeit im Unternehmen bzw. in der Schule muss, da sie limitiert ist und gut genutzt werden sollte, gut geplant werden. Die reellen, sogenannten Face-to-Face Begegnungen haben enorme Bedeutung für das Teambuilding und den Aufbau von vertrauensvollen Arbeitsbeziehungen.
Warum gilt die Steiermark als besonders innovativ?
Die Leitbetriebe in der Steiermark sind vor allem in den Branchen Automotive, IT oder auch in der Logistik höchst erfolgreich. Um diese Spitzenpositionen am Weltmarkt zu halten, sind laufende Innovationen unabdingbar.
Daran orientieren sich auch die Wirtschaftsförderungen des Landes sowie Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen wie die TU Graz, die Montanuniversität Leoben und andere mehr. So entstehen Cluster und Netzwerke, die sich untereinander befeuern und die Innovationsfähigkeit der steirischen Industrie laufend verstärken.
Innovation – Expertengespräch mit Christian Ramsauer
Steirischer Erfinder:innengeist