Im Interview erklärt Karl Hartleb, Geschäftsführer des Internationalisierungscenters Steiermark (ICS), wie steirische Unternehmen ihre Produkte in aller Welt erfolgreich anbieten können.
Herr Hartleb, was genau macht das ICS?
Hartleb: Als Internationalisierungscenter Steiermark ist es unser Ziel, die steirische Wirtschaft zu unterstützen, und zwar sowohl jene Unternehmen, die bereits exportieren als auch die, die den Schritt ins Ausland nun wagen möchten. Als gemeinsame Einrichtung des Landes, der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung Steiermark bieten wir Hilfe in Form von Informationen, Beratung und Veranstaltungen.
Wir arbeiten dabei eng mit den Außenwirtschaftsexpert:innen der Wirtschaftskammer zusammen, und zwar sowohl vor Ort als auch in den über 70 AussenwirtschaftsCentern auf allen Kontinenten. Gemeinsam stellen wir sicher, dass unsere Unternehmen schnell und unkompliziert alle nötigen Markt-, Kontakt- und Veranstaltungsinformationen erhalten, damit sie ihre Produkte und Dienstleistungen einfacher, rascher und ohne zu große (unnötige) Zusatzkosten international verkaufen können.
Angenommen ich möchte mein Produkt in Südamerika bekannt machen? Was braucht es, damit ein Produkt dort richtig durchstarten kann?
Hartleb: Zuerst würden wir uns fragen: Kann man das Produkt überhaupt exportieren? Sobald wir geklärt haben, ob der Export rechtlich möglich ist, würden wir weitere Ansätze prüfen. Zum Beispiel könnten wir das Außenwirtschaftscenter in São Paulo oder Rio de Janeiro kontaktieren, um herauszufinden, ob es bereits ähnliche Produkte gibt und wie der Markt aussieht. Man müsste auch herausfinden, was vergleichbare Produkte in dem Markt kosten und wie es sich im Vergleich zu anderen Angeboten schlägt.
Doch damit ist das Geschäft noch nicht abgeschlossen. Es braucht Hartnäckigkeit, kontinuierliche Unterstützung und eine langfristige Betreuung des Produkts und der Netzwerke. Export bedeutet nicht nur, eine Tür zu öffnen, sondern auch, das Produkt dauerhaft im Markt zu etablieren. Kurz es muss für die Kund:innen als auch die Vertriebspartner:innen attraktiv bleiben, andernfalls könnte es sehr schnell wieder vom Markt verschwinden.
Und welche Rolle spielt die Politik bei solchen Dingen?
Hartleb: Die Politik spielt – wie auch die jüngsten, von den USA ausgelösten Zolldiskussionen zeigen – eine große Rolle. Für Europa wird damit das Thema Freihandelsabkommen noch wichtiger. Aktuell gibt es konkrete Schritte zu einem mit Südamerika, aber es gibt auch ein stark wachsendes Interesse an einer engeren Zusammenarbeit mit Indien.
In Bezug auf Südamerika stellt sich die Frage, ob wir das Mercosur-Abkommen (mehr dazu unten im Infokasten) nun in Kraftsetzen wollen oder nicht. Wenn wir auf den industriellen Bereich schauen: Da würde natürlich ein Freiheitsabkommen entsprechende Zölle einmal senken oder beseitigen.
Zudem ist für die heimischen Unternehmen von Bedeutung, ob wir die Normen des jeweils anderen anerkennen. Das ist für uns als Maschinen- und Anlagenlieferanten eigentlich der wichtigere Punkt, weil es hier um zusätzliche Kosten geht. Muss ich eine Maschine zum Beispiel im elektrischen Bereich oder im Sicherheitsbereich entsprechend ausrüsten, anpassen bzw. noch einmal zertifizieren lassen? Oder würde Brasilien akzeptieren, dass alles, was europäischen Normen entspricht, auch vor Ort akzeptiert wird?
Die Meinungen über dieses konkrete Abkommen sind geteilt, weil durch dieses nicht nur die für uns so wichtigen Exportsektoren wie Maschinen, Anlagenbau, Fahrzeuge, Vormaterialien usw. geöffnet werden, sondern auch geschützte Bereich wie die Landwirtschaft, was immer heikel ist. Gerade hier wird oft befürchtet, dass Billigprodukte den Markt überschwemmen und zum Beispiel unsere Fleischindustrie verdrängen könnten.
Allerdings denke ich, dass hier stark vereinfacht und nicht auf Basis von Fakten diskutiert wird. Gerade in Österreich sind wir gerade bei Lebensmitteln stark darauf konditioniert, lokal zu kaufen, weil die Qualität top ist, das Tierwohl gewährleistet ist und die Transportwege kurz sind. Und auch unsere Top-Exportmärkte im Lebensmittelbereich wie Deutschland, Schweiz und Italien, wo wir mit Lebensmittelsicherheit, biologischem Ursprung und Innovation punkten, denken ähnlich und werden daher nicht wegbrechen.
Das heißt, man würde zwar wahrscheinlich etwas mehr argentinisches Fleisch- und Fleischspezialitäten, die wir zu einem guten Teil selbst gar nicht herstellen, in den Kühltruhen sehen, ein großflächiger Verdrängungswettbewerb und ein dramatischer Preisdruck sollte sich aus Mercosur aber nicht ergeben.
Schnell erklärt: Mercosur – was heißt das?
Mercosur ist ein Wort aus dem Spanischen und bedeutet „Gemeinsamer Markt des Südens”. Es ist ein Bündnis von Ländern in Südamerika, die zusammenarbeiten, um Handel zu treiben. Die Länder in Mercosur-Länder und die Europäische Union haben kürzlich Verhandlungen zu einem Abkommen abgeschlossen, das den Handel zwischen beiden Gebieten einfacher machen soll. Das Abkommen ist allerdings noch nicht in Kraft.
